Premiere: 29. September 12
"Wir sind in die Welt gevögelt und können nicht fliegen."
SCHRAUBEN UND MUTTERN
Promiskuität ist heute weitgehend erforscht. Die Bravo und ihre sexuelle Revolution haben ganze Aufklärungsarbeit geleistet. Die ganzen schönen eroliterarischen Entdeckungen des Arthur Schnitzler, die bourgeoisen Masken des Begehrens, die postkoitale Melancholie, Erektionsversagen und die Zigarette danach - alles schon in tausend illustrierten Fragebögen ausgefüllt. Welcher Reiz bleibt da noch fürs Theater?
Der Sprechreiz vielleicht, bei Werner Schwab organisch verbunden mit dem Brechreiz. Und mit der "Sprechspeicheldrüse", die in seinen Figuren wohnt wie eine sinnlose Leber. Der Dichter, das schleudert in Schwabs "Reizendem Reigen nach dem Reigen des reizenden Herrn Arthur Schnitzler" die Schauspielerin ihm frei Haus ins Gesicht, "fraglos eine Sprechblasenentzündung" ist er. "Du bist verloren", sagt sie, "deshalb darfst du mich noch ein bißchen ficken." Wenn das nur gutgeht!
Es ist nun auch schon wieder 99,5 Jahre her, dass Arthur Schnitzler seinen "Reigen" verfasste. Sein Siècle war gerade mal so am Ende wie das unsere, und mit der bürgerlichen Moral stand es nicht zum Besten. Männer betrogen Frauen, Frauen Männer! Mehrfach! Und das war auch gut so.
"Du bist fraglos eine Sprechblasenentzündung."
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