Theater

DER GANG VOR DIE HUNDE.

Fabian. Die Geschichte eines Moralisten.
Erich Kästner

Premiere: 11. September 15

Letzte Aufführungen am
09.09.//10.09.2017, jeweils 20:00 Uhr

"Das sitzt, zumal hier jeder fast jeden gibt, ungefähr drei Dutzend Rollen oder Typen, ein rasend wechselndes Panoptikum des komischen Schreckens, viele vor allem jüngere Leute im Publikum kriegen sich kaum ein angesichts dieser Mischung aus formeller Sprache und entfesseltem Trieb (...) sehr unterhaltsamer und wacher Abend." (FAZ)

"ein beherzt parodistisches Spiel, bedingungslos überzogen" und Felix Bieske "ganz wunderbaren" als "ungläubig staunenden Gast im Film seines eigenen Lebens in einer bestens gelungenen Arbeit, die ihre Aktualität nicht herbeiinszenieren muss." (Strandgut)

"Der pessimistische Erich Kästner - Hier in einer starken Inszenierung (...) Die Inszenierung ist bedrückend, berührend und überzeugend." (Journal Frankfurt)

"eine spannende Regiearbeit von klarem Stilwillen und Konzept" (FNP)

HIER der Trailer.

Alles hat seinen Preis. Das Leben, die Liebe, die Arbeit. Keine Bedeutung, keinen Sinn, keine Haltung, nur einen Preis. Und dieser Preis ist heiß. Jedem das Seine und mir das meiste. Aber das ist ok so. Ein jeder hat sich abgefunden mit diesem komischen Ding, das man Kapitalismus nennt. Hauptsache mir geht’s gut und ich hab Spaß dabei. Und mit dem wa(h)ren Charakter alles Menschlichen lässt sich schließlich eine Menge Spaß haben. Spaß der milden Sorte allerdings, denn das Leben ist schon hart genug.

Die aussterbende Gattung des Moralisten hingegen ist zwar irgendwie mittendrin, aber nie dabei. Und fragt sich staunend, aber keineswegs nur rhetorisch, ob die Welt wohl überhaupt Talent zur Anständigkeit habe.

Jakob Fabian ist Werbetexter wider Willen und mäandert nächtens durch die Lichter der Großstadt. Ein Getriebener durch Umstände, Personen, Situationen, dabei stets zwischen ironischer Distanz und naiver Neugier schwankend. Frauen und Männer, sexuelle Ausschweifungen, handfeste politische Auseinandersetzungen, Badewannenfabrikanten, Überlebenskünstler und ein großer dicker Elefant im Raum. Das bittere Ende. Die drohende Katastrophe. Das endgültige Versagen jeglicher menschlicher Zivilisation. Der Höhe- und Endpunkt des Spätkapitalismus. Die vollständige Verwertung des Menschen buchstäblich mit Haut und Haaren. Als Fabian aber seinen Pessimismus endlich aufzugeben scheint und die Regeln des Spiels auch für sich zu akzeptieren sucht, ereilt ihn die ganz persönliche Katastrophe.

Kästner zeichnet in seinem 1931 unter dem Titel „Fabian - Die Geschichte eines Moralisten“ erschienenen einzigen Erwachsenenroman unter dem Eindruck der laut dahinscheidenden Weimarer Republik ein Gesellschaftsbild, das dem Fatalismus der spätrömischen Dekadenz nahekommt. Die einzige Waffe dagegen: Die Ironie. Mit feiner Klinge und hoher Sprachkunst halten Kästner und sein Fabian der Gesellschaft einen Zerrspiegel vor, wie er absurder nicht sein könnte. Und weil Kästner den Roman aber durchaus auch als Warnung verstanden wissen wollte, war DER GANG VOR DIE HUNDE eben der ursprüngliche Titel seiner Wahl. Jegliche Illusionen über ein Happy End sind so von Anfang an obsolet.

Die Szenerie ist auch in der Inszenierung ein schrilles Panoptikum an durchgeknallten Figuren, skurrilen Situationen und aberwitzigen Umständen, die dabei aber doch seltsam alltäglich wirken. Was passiert nun, wenn sich der Protagonist das ganze Theater, von dem er eigentlich Teil ist, ständig von außen anschaut, es laufend kommentiert, es immer wieder dekonstruiert, ins Wanken bringt und damit alle anderen, die einfach nur ihr ganz normales Spiel spielen möchten, ins Leere laufen lässt?

"Idealismus versus Pragmatismus, das ist hier die Frage. Und wie man hier wie dort über ihr verbittern oder an ihr zerbrechen kann." Schrieb Christoph Schütte in der FAZ treffend über Linus Koenigs Inszenierung von Edward Albees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Das gilt hier umso mehr. Kann es ein richtiges Leben im Falschen geben? Lässt sich dieses Leben nur ironisch ertragen? Und kann ich hier irgendwo n Kaffee bekommen?

Buch
Erich Kästner
Regie
Linus Koenig
Mit
Felix Bieske, Sebastian Huther, Iris Reinhardt Hassenzahl, Christoph Maasch und Marlene Zimmer
Weitere
Musik von MESSER BRÜDER